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        JAHRESTAGUNG DER DTTG 1998   3. - 5. September 1998, Greifswald  Berichte der DTTG e.V. - Band 6

 

Gelöste polymere Kieselsäuren und die Stabilitäten von Magadiit, Kenyait, Quarz und amorpher Kieselsäure

M. Dietzel
Geochemisches Institut, Goldschmidtstr. 1, D-37077 Göttingen

GLIEDERUNG
Zusammenfassung Neubildung SiO2-haltiger Festkörper
Einleitung Diskussion
Chemische Zusammensetzung alkalischer Wässer terrestrischer Salzseen Literatur
Spezifische Polymer- und Monomergehalte  

 
ABBILDUNGEN & TABELLEN
Abb. 1Abb. 1. Der Anteil von Polymeren am totalen SiO2-Gehalt der alkalischen Wässer (Tab. 1) Abb. 2Abb. 2.  Die darstellenden Punkte der alkalischen Wässer im Stabilitätsdiagramm von Magadiit, Kenyait und amorpher Kieselsäure bei 25°C Abb. 3Abb. 3. Korrelation zwischen den Sättigungsindizes für Magadiit und Kenyait
Tab. 1Tab. 1. Chemische Zusammensetzung alkalischer Wässer in der Region des Lake Bogoria (B), des Lake Manyara (A) und des Lake Magadi (M; M5 bis M10 aus Jones et al., 1977).. pH-Wert Abhängigkeit des Zetapotentials von Montmorillonit (Mikroelektrophorese) Tab. 2Tab. 2. Tableau für die Speziesverteilung gelöster Kieselsäure (25°C).

 

Zusammenfassung

Die Neu- und Umbildungen SiO2-haltiger Festphasen sind an die Aktivität von gelöstem Si(OH)4 gebunden. So werden die Löslichkeiten für Magadiit, Kenyait und der SiO2-Festphasen auf die Si(OH)4-Aktivität bezogen. Diese Mineralparagenesen werden in alkalischen Wässern terrestrischer Salzseen vorgefunden. Bei hohen pH-Werten dissoziiert die monomere Kieselsäure und vernetzte Strukturen, polymere Kieselsäuren, entstehen. In bisherigen Arbeiten wurden Polymere für die Stabilitäten dieser Festphasen weitgehend vernachlässigt. Die Untersuchungen zeigen, daß die Si(OH)4-Aktivitäten in den kieselsäurereichen, alkalischen Wässern durch die Existenz von polymeren Kieselsäuren stark abnehmen, da Polymere bis zu 40 Mol% des Gesamt-SiO2 beinhalten.

Dies führt zu einer erweiterten Vorstellung über die Bildungsbedingungen. Kieselsäure kann nicht, wie bisher anzunehmen war, in großem Umfang durch die Abkühlung alkalischer, heißer Wässer gebildet werden. Für die Bildung von amorphem SiO2 muß im wesentlichen die Abnahme des pH-Wertes angenommen werden. Die Abnahme des pH-Wertes führt aufgrund der Destabilisierung von Polymeren und der Umverteilung gelöster Monomer-Spezies zu höheren Si(OH)4-Aktivitäten. Dieses fördert die Abscheidung von amorpher Kieselsäure und begünstigt ferner die Bildung der Natriumsilikate Magadiit und Kenyait.

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Einleitung

Die Natriumsilikate Magadiit und Kenyait sowie die SiO2-Polymorphosen Quarz und amorphe Kieselsäure treten als Neubildungen in terrestrischen, alkalischen Salzseen auf. Die Entstehung der Wässer beruht auf der Alteration silikathaltiger Gesteine und hohen Evaporationsraten der Verwitterungslösungen in abflußlosen Becken. Ein klassisches Vorkommen alkalischer Wässer stellt der Lake Magadi im ostafrikanischen Riftvalley nahe der Grenze zwischen Kenya und Tanzania dar.

In der Region des Lake Magadi werden die Wässer durch vulkanische Aktivität aufgeheizt und reagieren mit vulkanischen Gesteinen, im wesentlichen Trachyte und Pyroklastika, sowie mit dem kristallinen Basement (Eugster 1970; Jones et al. 1977; Manega & Bieda 1987). Am Beispiel des Albits kommt es gemäß der Pauschalreaktion

NaAlSi3O8 + 8H2O = Al3+ + 3Si(OH)4 + 4OH- + Na+ (1)
und durch hohe Evaporationsraten in den Wässern zur Anreicherung von Alkali- und Hydroxyl-Ionen sowie von Kieselsäure. Ferner nehmen die Wässer CO2 auf. Es entstammt der vulkanischen Aktivität (Hillaire-Marcel 1987). Zusätzliches CO2 kann den Wässern aus der Atmosphäre zugeführt werden. Die alkalischen Wässer dienen der Kieselsäure nach deren Mobilisation als Transportmedium. In diesen Wässern existieren gelöste polymere Kieselsäuren als stabile Komponenten im thermodynamischen Gleichgewicht. Die Analyse der spezifischen Kieselsäure-Gehalte bildet die Grundlage für die Untersuchung der Neubildung von SiO2-haltigen Festkörpern. Bisherige Arbeiten haben Polymeren eine zu geringe Bedeutung beigemessen.

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Chemische Zusammensetzung alkalischer Wässer terrestrischer Salzseen

In Tab. 1 sind die chemischen Analysen von typischen alkalischen Wässern aus dem ostafrikanischen Riftvalley zusammengestellt. Die pH-Werte der Wässer liegen zwischen 8 und 11,2. Es lassen sich im wesentlichen drei Gruppen unterscheiden. Die erste Gruppe bilden die Wässer B1 bis B4 aus dem Lake Bogoria mit pH-Werten bis 9 und vergleichsweise moderaten Salzgehalten. Die gelösten Ionen sind im wesentlichen Natrium, Carbonat, Bicarbonat, Chlorid sowie untergeordnet Fluorid, Sulfat und Bromid (nicht in Tab. 1 aufgeführt). Zur zweiten Gruppe sind die Wässer A1 und M1-M4 aus dem Lake Manyara und Magadi mit pH-Werten bis 9,8 und hohen Salzgehalten zu zählen. Die Wässer M5 bis M10 bilden mit hohen pH-Werten und hohen Salzgehalten die dritte Gruppe. Die Temperaturen variieren zwischen 30° und etwa 90°C. In dem Wasser M10 mit dem größten pH-Wert ist mit 1320 mg SiO2 / l am meisten Kieselsäure gelöst. Als gelöste Kieselsäuren treten isolierte Si-O-Tetraeder, Monomere, und vernetzte Strukturen, Polymere, auf.


 
Tab. 1 Tab. 1:

Chemische Zusammensetzung alkalischer Wässer in der Region des Lake Bogoria (B), des Lake Manyara (A) und des Lake Magadi (M; M5 bis M10 aus Jones et al.. 1977). Angaben in mg / l. 

SiO2: Gesamtkieselsäure (mg SiO2/l). Monomer-Anteile in Mol% sind Si°: Si(OH)4, Si-: SiO(OH)3-, Si2-:SiO2(OH)22-Polymere-Anteile in Mol% sind Si2-: Si2O2(OH)5-, Si22-: Si2O3(OH)42-, Si33-: Si3O5(OH)53-; Si42-: Si4O6(OH)62-,Si44-:Si4O8(OH)44-; EP = Anteil der Polymere an der gelösten Gesamtkieselsäure in Mol% SIMagadiit, SIKenyait, SISiO2-am.: Sättigungsindex für Magadiit, Kenyait und amorphe Kieselsäure 
 
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Spezifische Polymer- und Monomergehalte

Im Temperaturbereich der untersuchten Wässer sind für Neu- oder Umbildungen die Reaktionen zwischen Lösung und Festphase entscheidend. In den alkalischen Wässern gilt das insbesondere für SiO2-haltige Phasen wie amorphe Kieselsäure,Quarz, Magadiit und Kenyait, da in alkalischen Wässern die monomere Kieselsäure dissoziiert und Polymere entstehen.

Für die SiO2-Analytik mit der ß-Silikatmolybdat-Methode standen die Wässer B1 bis B4, A1 und M1 bis M4 mit relativ kleinen pH-Werten und geringen SiO2-Konzentrationen zur Verfügung (Tab. 1). Diese Methode beruht auf der Bildung des ß-H8Si(Mo2O7)6·28H2O-Komplexes aus Molybdat und Monomer sowie Polymer gemäß einer irreversiblen Reaktion pseudo erster Ordnung (Iler 1979; Dietzel & Usdowski 1995). In diesen Lösungen konnten polymere Kieselsäuren nachgewiesen werden. Die Gehalte sind gering und aufgrund langer Zeitspannen zwischen der Probennahme und der Messung für quantitative Aussagen nicht geeignet. In den Wässer konnten die Gehalte polymerer Kieselsäuren jedoch aus den Stabilitätskonstanten ermittelt werden.

Die gelösten polymeren Kieselsäuren entstehen nach dem Schema

ºSi-OH + HO-Siº = ºSi-O-Siº + H2O (2)
durch eine Vernetzung über Silizium-Sauerstoff-Silizium-Bindungen. Die Gleichgewichte für die Polymere werden gemäß der allgemeinen Reaktionsgleichung
xSi(OH)4 = SixOz(OH)4x+y-2zy- + yH+ + (z-y)H2O (3)
mit der Gleichgewichtskonstanten
(SixOz(OH)4x+y-2z y-) . (H+)y
Kxyz = ___________________________________   (4)
(Si(OH)4) x
üblicherweise in bezug auf die monomere undissoziierte Kieselsäure angegeben. Demgegenüber existieren für die Dissoziation der monomeren Kieselsäure im wesentlichen zwei Gleichgewichte, die durch die Reaktionen
Si(OH)4 = SiO(OH)3- + H+ K2 (5)
Si(OH)4 = SiO2(OH)22- + 2H+ ß3 (6)
gegeben sind.

Elektrolytreiche Wässer erfordern die Ermittlung der Aktivitäten gelöster Komponenten. Die Aktivitäten werden gemäß der Beziehung

ai = ãi . ci (7)
aus dem Aktivitätskoeffizienten ãi und der gemessenen Konzentration ci einer Komponente i erhalten. Der Aktivitätskoeffizient für die gelöste ungeladene Kieselsäure Si(OH)4, die Bezugsgröße der Stabilitätskonstanten, wurde entsprechend der Gleichung
lgãSi(OH)4 = DHCO3 . mHCO3 + DCl . mCl + DSO4. mSO4 (8)
ermittelt (Fritz et al. 1987). DHCO3, DCl und DSO4 sind temperaturabhängige Größen, und mHCO3, mCl und mSO4 bezeichnen die Molaritäten von HCO3-, Cl- und SO42-. Die D-Werte konnten näherungsweise aus den Beziehungen
DHCO3 · DCl = 0,1875 - 4,505.10-4· T + 3,05.10-7 · T2 (9)
DSO4 = 0,5437 - 2,084.10-4· T - 8,68.10-7 · T2 (10)
erhalten werden. Die Aktivitätskoeffizienten der Polymere wurden mit der Davies-Gleichung
Equa. 11 (11)
näherungsweise berechnet (e.g. Stumm & Morgan 1996). b und c sind im wesentlichen temperaturabhängige Konstanten (b = 0,5, c = 0,2 für 25°C). Die Ionenstärke
Equa. 12 (12)
ergibt sich aus den spezifischen Ionenladungen zi und den molaren Konzentrationen der gelösten Spezies ci. Die Verteilung der gelösten Kieselsäurespezies wird aus der Massenbilanz
[SiO2]T     =              [Si(OH)4]
                 +              [SiO(OH)3-] + [SiO2(OH)22-]
                         +              [Si2O2(OH)5-] + [Si2O3(OH)42-]

                         +              [Si3O5(OH)53-]

                         +              [Si4O6(OH)62-] + [Si4O8(OH)44-] (13)

erhalten. Mit den zugehörigen Konstanten für die spezifischen Kieselsäuren und deren Zahlenwerten aus Tab. 2 ergibt sich die Beziehung

[SiO2]T     =              [Si(OH)4]
                         +              (10pH-9,77 gSiO(OH)3-1 + 102pH-23,1g SiO2(OH)2-1) · [Si(OH)4] gSi(OH)4

                         +              (102pH-19,0gSi2O2(OH)5-1 + 10pH-8,1gSi2O3(OH)4-1) · [Si(OH)4]2 gSi(OH)42

                         +              103pH-27,5gSi3O5(OH)5-1. [Si(OH)4]3 gSi(OH)43

                         +              (102pH-13,4gSi4O6(OH)6-1 + 104pH-34,9gSi4O8(OH)4-1) · [Si(OH)4]4gSi(OH)44 (14)

In diese Funktion geht der pH-Wert und die totale SiO2- Konzentration ein. Die einzige Unbekannte ist die Si(OH)4-Konzentration. Mit dem Newton-Näherungsverfahren wurde aus der Beziehung (14) unter Berücksichtigung der Aktivitätskoeffizienten die Konzentration von Si(OH)4 bestimmt. Die spezifischen Konzentrationen der Dissoziate des Monomers und der polymeren Kieselsäuren ergeben sich aus der Si(OH)4-Aktivität und den Beziehungen (3) bis (6). In Tab. 1 sind die Anteile der Kieselsäuren zusammengestellt. In den schwach alkalischen Wässern hat das undissozierte Monomer die höchsten Konzentrationen, in den stark alkalischen Wässern die erste Dissoziationsstufe des Monomers, das SiO(OH)3-. Der Anteil der zweiten Dissoziationsstufe SiO2(OH)22- ist in allen Wässern sehr gering (< 2 %). Demgegenüber treten Dimere in Konzentrationen bis zu etwa 10 % auf (M8 und M9). Tetramere beinhalten bis zu 25 % des gelösten SiO2 (M10). Trimere sind mit Anteilen kleiner als 5 % von geringerer Bedeutung. Die Abb. 1 zeigt den Polymer-Anteil am gelösten Gesamt-SiO2-Gehalt. In der ersten Gruppe von Wässern (B1-4, A1 und M1-4) steigt der Anteil bei weitgehend konstanter SiO2-Konzentration mit dem pH-Wert kontinuierlich bis zu etwa 5 % an. In der zweiten Gruppe sind die Polymergehalte mit 25 bis 40 % deutlich größer (M5 bis 10). Dies ergibt sich durch die hohen pH-Werte und die vergleichsweise hohen SiO2-Konzentrationen in diesen Wässern.


 
Tab. 2 Tab. 2: Tableau für die Speziesverteilung gelöster Kieselsäure (25°C). x, y, z gemäß Gleichung (4)
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Abb. 1 Abb. 1: Der Anteil von Polymeren am totalen SiO2-Gehalt der alkalischen Wässer (Tab. 1)
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Neubildung SiO2-haltiger Festkörper

Die SiO2-haltigen Festphasen in der untersuchten Region umfassen im wesentlichen Magadiit, Kenyait, Quarz und amorphe Kieselsäure. Ihre Stabilitäten sind durch die Löslichkeiten und somit durch die Si(OH)4-Aktivität bestimmt. Für den Magadiit und den Kenyait gelten die Reaktionen
NaSi7O14,5 .5,5H2O + H+ + 8H2O = Na+ + 7Si(OH)4 (15)
NaSi11O22,5 .5H2O + H+ + 16,5 H2O = Na+ + 11Si(OH)4 (16)
(pKMagadiit = 14,3; pKKenyait = 25,0 - Bricker 1969; Strukturformel von Magadiit nach Lagaly et al. 1975) und für Quarz sowie für amorphe Kieselsäure die Reaktion
SiO2(s) + 2H2O = Si(OH)4 K1 (17)
(pK1 (Quarz) = -3,98 - Fournier & Potter 1982; pK1 (am. Ks.) = -2,70 - Rimstidt & Barnes 1980).

Die Stabilität einer Festphase wird durch den Sättigungsindex beschrieben. Dieser wird aus der Löslichkeitskonstante und dem Ionen-Aktivitäts-Produkt gemäß der Beziehung

Equa. 18 (12)
erhalten. Negative Werte von SI bedeuten, daß sich ein in Frage kommender Festkörper auflösen kann, SI = 0 indiziert Gleichgewicht zwischen Festkörper und Lösung, und SI > 0 bedeutet, daß eine Übersättigung vorliegt und der Festkörper abgeschieden werden kann. Neben der Na+-Aktivität und dem pH-Wert ist die Si(OH)4-Aktivität die entscheidende Größe. Während für die Ermittlung der Si(OH)4-Aktivität die Dissoziation der monomeren Kieselsäure zumeist berücksichtigt wurde (e.g. Bricker 1969; Fritz et al. 1987), sind Polymere bei der Ermittlung der Si(OH)4-Aktivitäten in keine Untersuchung einbezogen worden. Die Tab. 1 zeigt Gesamtgehalte gelöster Kieselsäuren zwischen 1,7 und 22,0 mmol SiO2 / l. Da in den kieselsäurereichen und alkalischen Wässern bis zu 40% des gelösten SiO2 an Polymere gebunden ist (Tab. 1), werden für alle Wässer sehr ähnliche und vergleichsweise geringe Si(OH)4-Aktivitäten erhalten (Mittelwert: 1,32 ± 0,56 mmol SiO2 / l). Die Abb. 2 zeigt das Verhältnis der Na+- und H+-Aktivität als Funktion der Aktivität von Si(OH)4. Die Linien stellen die Löslichkeiten von Magadiit, Kenyait und der amorphen Kieselsäure bei 25°C dar. Mit den Aktivitäten früherer Arbeiten würden die darstellenden Punkte der alkalischen und SiO2-reichen Wässer im Feld der Übersättigung an amorpher Kieselsäure liegen (lg(Si(OH)4) > 2,70). Mit den neuen Ergebnissen, unter Berücksichtigung der Polymere, ergeben sich, wie oben beschrieben, deutlich geringere Si(OH)4-Aktivitäten. Die darstellenden Punkte der Wässer liegen bis auf M9 im untersättigten Bereich für amorphe Kieselsäure (lg(Si(OH)4) < 2,70).


 
Abb. 2 Abb. 2: Die darstellenden Punkte der alkalischen Wässer im Stabilitätsdiagramm von Magadiit, Kenyait und amorpher Kieselsäure bei 25°C. ( ) : Aktivitäten. Der Pfeil stellt den schematischen Verlauf bei der Abnahme des pH-Wertes in alkalischen, kieselsäurereichen Wässern dar. Der Ausgangspunkt (·) ist der Mittelwert der Aktivitäten für die untersuchten WässerTop       Menü


 

Diskussion

Die neue Lage der darstellenden Punkte der Wässer in der Abb. 2 hat entscheidende Auswirkungen auf die Prozesse bei der Abscheidung von amorphem SiO2. Kieselsäure kann nicht, wie bisher anzunehmen war, in großem Umfang durch die Abkühlung alkalischer, heißer Wässer gebildet werden, da die meisten Wässer bei 25°C im untersättigten Bereich liegen. Für die Bildung von amorphem SiO2 ist im wesentlichen die Abnahme des pH-Wertes durch Absorption von CO2-Gas in alkalische Wässer und durch Mischungen mit anderen Wässern von Bedeutung. Dieses führt zur Umverteilung der Kieselsäurespezies in der Lösung und somit zu höheren Si(OH)4-Aktivitäten. Entsprechend dem schematischen Reaktionsverlauf in Abb. 2 (Pfeil) nimmt das Na+/H+-Verhältnis ab und die Si(OH)4-Aktivität zu. Die Sättigung an amorphem SiO2 kann überschritten werden.

Die SI-Werte in Tab. 1 zeigen, daß die meisten Wässer an Magadiit und Kenyait übersättigt sind. In diesen Wässern wäre somit die Bildung dieser Natriumsilikate möglich. Die SI-Werte sind für den Magadiit systematisch größer als für den Kenyait. Die Abb. 3 zeigt, daß die SI-Werte für Kenyait und Magadiit gut korrelieren. Dies ergibt sich durch die Stöchiometrie des Reaktionsumsatzes 15 und 16 sowie der relativ konstanten Si(OH)4-Aktivität. Aus jeweils einer Beziehung 18 für den Kenyait und den Magadiit resultiert nach Umformung die Gleichung

SIKenyait = 4 lg(Si(OH)4) + lgKMagadiit - lgKKenyait + SIMagadiit (19)
Mit den Zahlenwerten der Löslichkeitskonstanten gemäß der Gleichungen 15 und 16 sowie dem Mittelwert der Si(OH)4-Aktivität (1,32 mmol SiO2 / l) ergibt sich die gestrichelte Linie in Abb. 3. Die Beziehung 19 approximiert also in guter Näherung die Stabilität von Magadiit gegenüber Kenyait. Obwohl für die Wässer zum Teil hohe Übersättigungen an Magadiit und Kenyait ermittelt wurden, kann letztlich nicht entschieden werden, welches Mineral sich bildet. Wichtig ist aber, daß durch die oben beschriebene Abnahme des pH-Wertes Polymere destabilisiert werden und Si(OH)4 in geringerem Umfang dissoziert (s.a. Dietzel & Böhme 1997). Dies führt zu höheren Si(OH)4-Aktivitäten, welche die Abscheidung von amorpher Kieselsäure und die Bildung der Natriumsilikate Magadiit und Kenyait begünstigen.


 
Abb. 3 Abb. 3: Korrelation zwischen den Sättigungsindizes für Magadiit und Kenyait (Tab.1

gestrichelte Linie: SIKenyait = - 4 · 2,88 + 10,7 + SIMagadiit
(s.a. Gleichung 19)Top       Menü


 

Literatur

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FOURNIER, R. O., POTTER, R. W. (1982): An equation correlating the solubility of quartz in water from 25°C to 900°C at pressures up to 10.000 bars.- Geochim. Cosmochim. Acta 46(10), 1969-1974

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HILLAIRE-MARCEL, C. (1987): Hydrologie isotopic des Lacs Magadi (Kenya) et Natron (Tanzanie).- Sci. Geol. Bull. 40, 111-120

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